Leseproben

Leseproben meiner Gedichte

aus “Die zwei Gesichter des Mondes”

Der neue Eid der weißen Götter

Ja du, genau dich meine ich
wo bitte ist heut deine Pflicht
und euer Pakt mit Hippokrat
ist leider nichts mehr als Verrat.

Die Praxis, über die du gerne sprichst,
wird jetzt von Kosten-Nutzen delegiert
und dein Patient aus meiner Sicht,
lediglich am Rande mitgeführt.

Vorbei die Zeiten als du dachtest,
ich schwör ein Leben ist mir heilig.
Jetzt überlässt du Medizin und Mensch
nur einfach so, moderner Technik
und dem perfekten Management.

Nicht mehr dein Können kommt ins Spiel,
es ist gerichtet auf das Ziel
von maximiertem Endgewinn.
Dein Patient, wird er es nicht vermissen
und rührt sich da nicht doch Gewissen?

Du opferst zwar vermehrte Zeit
doch lieber Freund es tut mir leid
hauptsächlich noch für Fun und Fit
und deinen persönlichen Profit.

*

Aus meinem neuen Gedichtband:

Wut im Bauch und Liebe im Kopf

Sinn des Lebens

Die Selbstfindung, die Selbstverwirklichung und vor allen Dingen
die Selbsterkenntnis wird von den meisten Menschen nicht erreicht!
Warum?
Weil es das Schwierigste im Leben überhaupt ist
und nur mit sehr, sehr viel Kritik auf das eigene Ich zu Stande kommt.
Mindestens dreiviertel aller Menschen kehren diesen drei Dingen nach kurzen Ansätzen den Rücken,
weil es über ihre Kraft, vor Allem aber über ihre eigene Wahrheit geht.
Es ist leicht in einen Spiegel zu schauen und nichts zu sehen,
als in ihm das Schreckgespenst der Erkenntnis zu entdecken.

 *

Der Hundefreund

Dein treuer, zuverlässiger Freund
ist degradiert zum Imageknäuel.
Nicht stolzer Hund mit edler Rute
dem Herrchen treu ergeben,
nein wie ne aufgeputzte Pute
bestreitet er sein Hundeleben.

Mit Jäckchen, rosa Fell und Gucci-Decke
dazu ein Halsband Strass beladen,
stolziert das Frauchen Brust geschwellt
mit ihrer Edelzucht von Welt
hinein in den Designerladen.

Hier darf  das Hundchen wohlerzogen
sich betten auf ein Zobelkissen
und Frauchen wählt mit spitzem Schrei
aus Lack und Nerz und Hamsterfellen
die neueste Hundenarretei.

Derweil liegt an der Autobahn A3
ein schöner weißer Labrador.
Der wurde, weil Weihnachten vorbei
und auch das Stubenrein nicht klappte
einfach in den Dreck gesetzt
ob da jemand Mitleid hatte -
oder dieser Hund erfror?

 *

Verantwortung

Gibt es das Wort Verantwortung noch?
In Deutschland scheint es abhanden gekommen,
verschoben auf „die da Oben“.
Die sollen agieren, was kümmert es uns,
wir sind verantwortlich nur für den Spaß,
die Folgen davon werfen wir anderen zum Fraß.

Ob wir dumm sterben,
die Erziehung verfehlen,
das Geld nicht reicht, die Kinder verhungern,
was sollen wir ändern, sind wir daran Schuld?
Nein, kommt die Abwehr, wir doch nicht,
ist es nicht die oberste Pflicht
eines jeden Politikers dies zu regeln,
sind da nicht Schulen und Psychologen gefragt?
Die sollen uns  die Probleme fernhalten,
wir müssen uns doch selbst verwalten,
die Freizeit, die Partys, den Sex regulieren,
müssen wir uns da auf Moral konzentrieren?

Nein, liebe Leute, das brauchen wir nicht.
Wir entlassen uns aus jeder Pflicht,
dann können wir auch nicht schuldig sein,
wenn unser Staat, die Gesellschaft unser Haus
zerbricht!

 *

Leseprobe aus “Der Teufel kochte tunesisch”

Mike hatte Nordafrika vor 25 Jahren das erste Mal besucht und war direkt von dieser Landschaft angetan. Im Winter 1971, es war der Beginn von Terrorismus-Aktivitäten in Deutschland, wollte er über Weihnachten einen Kurzurlaub verbringen, um sich von dem Arbeitsstress der letzen Monate zu regenerieren.

Er war im Auslandsimmobilien-Geschäft tätig und flog mehrmals im Monat in Südeuropa umher, prüfte Grundstücke auf ihre Eignung zur Bebauung und verkaufte Ferienhäuser an sonnensüchtige Deutsche. Er war, obwohl in Deutschland geboren und mit deutschen Eltern beglückt, dass, was man einen mediterranen Typ nennt. Schlank, beweglich, mit dunklen Haaren und eher spanisch-französischem Aussehen, spielte er mit dieser Erkenntnis und da er für Sprachen eine Begabung zeigte, hatte er sich schnell zu seinen französischen und englischen Schulvokabeln auch ein wenig Spanisch und Italienisch zugelegt, welches ihm in seinem Beruf sehr zu Gute kam. Jetzt, kurz vor Weihnachten, waren die Reiseangebote eingeschränkt und so entschloss er sich, gemeinsam mit einem Freund Tunesien, ein Land welches er absolut nicht kannte, als Urlaubsziel zu buchen.

Morgens gegen sieben Uhr startete eine Maschine von Düsseldorf und sollte drei Stunden später auf Djerba, einer Halbinsel im Süden Tunesiens, landen. Daraus wurden 15 Stunden Anreise mit Zwischenlandungen in Frankfurt, Zürich und Tunis, jedes Mal verbunden mit langwierigen Gepäck- und Personenkontrollen. Der Aufenthalt in Tunis zog sich mehr als fünf Stunden hin und er beschloss, die Zeit zu nutzen und mit seinem Freund den alten Souk der Hauptstadt zu erkunden.

Spät am Abend durften sie endlich ihre Reise fortsetzen. Es war jedoch eine alte Militärmaschine ohne jegliche Verkleidung im Inneren des Flugzeugs, mit der sie das letzte Stück der Route bewältigen sollten. Man konnte das Gerippe des Flugkörpers sehen und kurz bevor sie starteten, schlug der Flugbegleiter mit einer Notaxt den Riegel der Luke zu.

Kaum in der Luft, brach ein Gewitter los, mit einer solchen Heftigkeit, die Mike so noch niemals erlebt hatte. Die Maschine trudelte und man hörte die Nähte im Inneren knacken und ächzen. Einschließlich der anderen Passagiere saß er, sich angstvoll an den Sitz klammernd, vollkommen starr und hoffte, möglichst schnell und heil zu landen.

Der Regen prasselte weiter und als der Stahlvogel die Rollbahn berührte, schlingerte er und rutschte weit über das Feld bis er sich, quer stellend, fing. Den Weg zum Flughafengebäude mussten sie laufen und kamen völlig durchnässt in der Halle an. Nach langatmigen Passkontrollen und ermüdendem Suchen der Gepäckstücke, wurden sie von mürrischen Taxifahrern in alte Karossen gestopft und los ging die Fahrt in eine schwarze Nacht. Mike verging die Urlaubsfreude und er wäre auf der Stelle zurück geflogen, hätte es einen Flug zu dieser Zeit gegeben. Die Fahrt schien endlos und führte über einen Damm, welcher die Insel mit dem Festland verband. Sie erreichten ihr eigentliches Ziel: Zarzis, ein kleiner Touristenort im Süden Tunesiens.

Am nächsten Morgen zeigte sich das Land von seiner schönsten Seite. Strahlend blauer Himmel, frisch gewaschene Palmen und weiß gekalkte Häuser blitzten in der Wintersonne und die Strapazen des letzten Tages waren verflogen. Tunesien hatte auch in diesem Winter sehr kalte Nächte und nur mäßig warme Tage. Es waren keine langen, ausgedehnten Sonnenbäder möglich und die Hotelanlage, sie bestand aus einzelnen Bungalows, welche sich um ein zentrales Haupthaus mit Speisesaal, Bar und Leseräumen zentrierten, wirkte auf Mike eher langweilig. Das internationale Publikum, überwiegend Engländer und Franzosen, war meist älteren Semesters und beschränkte sich, wie heute noch üblich, mehr auf die Ferienanlage. Es gab in der Überzahl Gäste, die 14 Tage keinen Fuß über die Hotelgrenze setzten.

Mike erkundete lieber die Umgebung des relativ einsam gelegenen Komplexes und schloss schnell Kontakt zu den Einheimischen. Zu dieser Zeit gab es, mit wenigen Ausnahmen, nur für öffentliche Gebäude Strom. Nachts war die ganze Umgebung in ein tiefes Dunkel gehüllt und ließ die Palmen und die Umrisse der vereinzelt gelegenen Berberhäuser sehr romantisch erscheinen. Er hatte zum ersten Mal die Vision der Geburt Jesu vor Augen und konnte sich in die Situation der flüchtenden Familie, auf einem Esel durch die kalte Nacht reitend, hineinversetzen.

Die Straßen waren Sandpisten, gesäumt von vereinzelten Palmen und Schafställen. Mike fielen tagsüber die verstohlen am Straßenrand hockenden Gestalten auf, welche betont unauffällig ihre Zigarette rauchten. Es stellte sich heraus, dass sie ihre Notdurft verrichteten. Da die Luft jedoch sehr trocken war und überall Sand der Wüste lag, konnten die Geschäfte schnell verwischt werden und niemand störte sich daran. Auch er gewöhnte sich rasch an diesen Anblick. Außerhalb der Clubanlage gab es weder Cafés noch Geschäfte. Die einzigen Autos, welche ab und zu über die Piste fuhren, waren Taxen. Ansonsten rumpelten Holzkarren mit vorgespannten Mulis vorbei.

Der ganze Ort lag in einer Oase, berühmt für die vielen Dattelpalmen und Olivenhaine, welche ringsum angelegt, die Landschaft mit auslaufenden Hügeln zum Landesinneren hin begrenzten. Sie ermöglichten den Menschen ein sehr bescheidenes Auskommen und die ersten Ansätze eines sich entwickelnden Tourismus unterstützte dies. Hier erlebte Mike einen Urlaub, der sein weiteres Leben mit prägen sollte.

Er hatte tiefe Einblicke in die faszinierende Welt des Orients erhalten. So bekam er eine Einladung zu einer Hochzeit und war dieser mit Freude gefolgt. Eine Karawane von Esel gezogenen Karren, angeführt von einer Musikgruppe und einem Kamel, zockelte zum Hause der Braut. Das Bild vom Tamtam dieser Berber Hochzeit, mit den rot-weiß gekleideten Trommel-Tänzern, verbunden mit dem Kamel hoch beladen mit Brautgeschenken, fixierte sich in seine Erinnerung. Die Braut, gefärbt mit Henna und in prächtige blau-goldene Schleier gehüllt, auf einem Eselkarren sitzend, beleuchtet von der fahlen Wintersonne und gefolgt von der Hochzeitsgesellschaft, blieb ihm unvergessen.

Er erhielt Einladungen zum Tee in die kargen Behausungen der Einheimischen und die Gespräche welche geführt wurden, ein Radebrechen auf englisch, französisch und damals schon, ein wenig deutsch, waren von erstaunlicher Philosophie und die Berber beschämten ihn mit ihrem Wissensdurst und den Kenntnissen von der Welt, ohne die Möglichkeit, diese bereisen zu können. Mike wurde in verschiedene Familien als Gast gebeten und war über die Herzlichkeit dieses Volkes immer wieder erstaunt. Er behielt die Eindrücke an die klare Luft und die Gerüche von Kameldung, vermischt mit Eukalyptus und Sand, stets in seiner Erinnerung und konnte sie jederzeit abrufen.

 *

Leseprobe aus “Die Reise zum Blau”

Anfänglich betreute er seine ersten Gäste dermaßen ernsthaft, dass wir seine Auftritte wie eine Bühnenshow verfolgten. Mit gefalteten Händen,den Kopf leicht geneigt, ging er auf seine eventuellen Kunden zu und machte anständig einen Diener. Dann führte er sie, ebenfalls mit gefalteten Händen, an den vorgesehenen Tisch und versuchte liebenswürdig, aber auswendig gelernt, sein Wissen anzubringen. Die Gäste ließen sich von seiner höflichen, unbeholfenen Art ansprechen, Abschlüsse machte er jedoch nicht.

Als etwa zwei Wochen verstrichen waren, zog er es vor, mit Lara nachts die Bars unsicher zu machen und zum Ausgleich tagsüber mit ihr bis in den Nachmittag zu schlafen. Natürlich alles auf Kosten von Kiki und Mario. Seine Tätigkeit hatte er aufgegeben und versprach mit großen Gesten ständig aufs Neue, sich  eine andere Arbeit zu suchen. Ohne Erfolg und mit wenig Energie zögerte er so die Entscheidung hinaus, seine Zelte wieder abzubrechen. Dafür sprach er, wie fast schon üblich auf der Insel, dem Alkohol zu und sah dementsprechend die Welt etwas sonniger.

Martin hingegen bemühte sich ernsthaft. Er fragte abwechselnd andere Liner nach deren Rat und suchte so einen Weg, erfolgreich zu werden. Er schadete es auch, seine Gäste längere Zeit zu betreuen, konnte aber ebenfalls keinen Abschluss erzielen.

Eric der Zahnlose und Robert hatten mittlerweile offenen Streit, der sogar in Handgreiflichkeiten ausartete. Erics Erfolge ließen auf sich warten und Brathähnchen sah sein geliehenes Geld gefährdet.
Erschwerend kam hinzu, dass der Zahnlose Führungsansprüche geltend machte und diese bei uns, und insbesondere an Robert, ausprobieren wollte.

Mario und ich hielten uns weitestgehend aus diesem Konflikt heraus, während Püppi und Kiki sich ganz offen auf die Seite von Eric stellten. Schon deswegen, weil ich die Ansichten von dem Zahnlosen nicht teilte. Kiki versuchte ihren Mann ebenfalls auf ihre Seite zu bringen. Mario hielt sich jedoch standhaft  und kommentierte: »Mach, was du willst, aber lass’ mich zufrieden!«

Er setzte sich mit mir wie schon in der Vergangenheit täglich an die kleine Bar, direkt unserem Arbeitsplatz gegenüber, und wir lästerten über Gäste und Kollegen um die Wette. Püppi suchte unsicher unsere Nähe und fragte ab und zu, ob wir sie denn noch gern hätten. Wir versicherten ihr, wie schon so oft in der Vergangenheit, unsere uneingeschränkte Sympathie und glücklich lächelnd zog sie wieder ab. Immer mehr Liner setzten sich an unseren Tisch, um zu demonstrieren, wir teilen die Ansichten von Eric und Gefolge nicht. Kiki verhielt sich beleidigt, konnte aber nicht frontal gegen ihren Mann vorgehen.
So bekam ich ihren, wenn auch unterschwelligen Groll täglich zu spüren.